Netzgeschichten

120 Jahre Straßenbahn in Freiburg: Von der Elektrifizierung zur Digitalisierung

Ein Stück Freiburger Stadtgeschichte feiert Geburtstag. Die Straßenbahn wird heute (am 14. Oktober 2021) 120 Jahre alt.

Seit ihrer Eröffnung am 14. Oktober 1901 gehört sie zum Freiburger Stadtbild wie Bächle und Münster. Sie ist ein sichtbares Zeichen von Stadt- und Lebensqualität für alle Bürgerinnen und Bürger: Die Freiburger Straßenbahn.

Vor genau 120 Jahren löste der elektrische „Hobel“- wie die Straßenbahn liebevoll genannt wurde – die Pferdebahn ab. Seitdem wuchs der Bedarf im Straßenbahnverkehr stetig weiter: Die Fahrzeuge wurden größer, die Fahrplantakte dichter und die Fahrgastzahlen stiegen enorm. Die Stadt wuchs – und mit ihr die Stadtbahn. Schienenverkehrslinien waren und sind immer auch urbane Entwicklungsachsen.

Um 1901: Pferdekutsche und einer der ersten Motorwagen am Bertoldsbrunnen

Blickt man anlässlich des Jubiläums zurück auf die Mobilität in den vergangenen 120 Jahren, dann sieht man, dass sich ihre Randbedingungen ständig ändern und weiterentwickeln. Vor 120 Jahren gab es praktisch noch keine Autos. Fußgänger, Fuhrwerke und Fahrradfahrer bestimmten das Stadtbild, zu denen sich – schon damals in zentraler innerstädtischer Lage – die Straßenbahn gesellte.

Heute eröffnen digitale Vernetzung und Elektromobilität völlig neue Wege. Die Erderwärmung fordert zudem eine Verkehrswende, bei der auch der ÖPNV mit der Straßenbahn weiter in den Fokus rückt.

Stadtentwicklung führte zu Verkehrsproblemen

In den Zeiten des Wiederaufbaus wuchs Freiburg enorm: Lebten 1954 noch 100.000 Menschen in Freiburg, so waren es 1964 bereits 160.000. Neue Stadtteile im Westen der Stadt entstanden. Mit der Ausdehnung der Stadt wuchs auch das Bedürfnis nach Mobilität. Da war die Städtische Straßenbahn gefordert. Zu Zeiten des Wirtschaftswunders boomte dann das Auto und ab den Achtzigern wurde erkannt, dass Freiburgs Verkehrsprobleme nur durch die die schnelle, leicht verständliche Stadtbahn mit ihrer großen Beförderungskapazität auf relativ wenig Raum gelöst werden können.

Die Konstante: Wo die Zähringer ihr Kreuz gemacht haben

Im Lauf seiner Geschichte hat sich das Stadtbahnnetz immer wieder verändert. Eine Konstante war jedoch der auch heute noch wichtigste Kontenpunkt im Netz: der Bertoldsbrunnen. Das für die Stadtgründungen der Zähringer Herzöge so typische zentrale Straßenkreuz von Kaiser-Joseph-Straße, Bertoldstraße und Salzstraße steht auch heute noch symbolhaft für die Botschaft, dass der Öffentliche Nahverkehr immer dort präsent sein muss, wo viele Menschen hinwollen oder müssen.

Nach einem beständigen Wachstum des Schienennetzes kamen zunächst Kriegszerstörungen und später dann auch gelegentliche Streckenstillegungen. Seit den achtziger Jahren aber wuchs und wächst das Schienennetz in Freiburg beständig. Zunächst vor allem in die Nachkriegsstadtteile im Westen der Stadt. Aber auch Zähringen und Haslach wurden an das Stadtbahnnetz angeschlossen oder wieder angeschlossen. Neben einigen weiteren Netzergänzungen wurde es mit dem Rieselfeld zum Standard, dass Neubaugebiete in der Schwarmstadt Freiburg von Anfang an vom Schienennetz der VAG erschlossen werden. Nächstes Beispiel dafür ist die Stadtbahn Dietenbach.

In den politischen Diskussionen der vergangenen Jahrzehnte war es nie die Frage, ob das Stadtbahnnetz ausgebaut werden soll, sondern wo die nächsten Schienen verlegt werden. Lange Planungsprozesse und gelegentlich auch leere Kassen der öffentlichen Hände führten hin und wieder zu Verzögerungen bei der Verwirklichung von Projekten, aber nie zu deren Stornierung.

 

Stadtbahn als Entwicklungstreiber

Als 1901 erstmals die „Elektrische“ vom Martinstor oder Schwabentor kommend auf den Bertoldsbrunnen zurollte, wurde für Freiburg ein neues Zeitalter eingeläutet: Mit dem Bau eines E-Werks, eigens für die Stromversorgung der Tram errichtet, hielt erstmals Elektrizität Einzug in die Stadt. Ganz allmählich wurde Gaslicht durch Glühlampen ersetzt. Die Entscheidung für die Tram war also auch eine für die beginnende Elektrifizierung. Für unsere Stadt war das ein großer Schritt in die Moderne. Und es ist eine schöne Episode der Geschichte, dass die VAG und der regionale Energieversorger badenova auch heute noch unter dem Dach der Stadtwerke Freiburg als Schwesterunternehmen Schulter an Schulter arbeiten.

Das Foto zeigt eine Aufnahme vom Martinstor aus auf die Kaiser-Josef-Straße. Anfang 20. Jh., genaues Datum unbekannt.

Immer wieder konnte und kann man beobachten, dass die Investition in die Schieneninfrastruktur viele Folgeprojekte nach sich ziehen. Dies gilt besonders dann, wenn Strecken in bestehenden Stadtteilen gebaut oder grundlegend saniert werden. Beispiele hierfür sind die Bereiche entlang der Zähringer- und Habsburger Straße, das Ortszentrum von Haslach oder die Berliner Allee von der Breisacher Straße bis zur Messe, deren Gesichter sich mit dem Bau der Gleise und dem Anschluss an das Liniennetz deutlich verändert haben. Glanzlicht dieser Entwicklung ist aber zweifellos die Stadtbahn Rotteckring und die mehrjährige Metamorphose eines vierspurigen Innenstadtrings hin zu einem wunderschönen Boulevard mit Bänken, Bäumen und Plätzen.

Umwelt- und Klimaschutz im Blick

Rückenwind erfährt der ÖPNV nicht zuletzt dank der Fridays-for-Future-Bewegung, die im umweltbewegten Freiburg großen Zuspruch erfährt. Auch politisch wächst der Stellenwert des ÖPNV als wichtiger Klimaschützer. Wir sind Treiber der Mobilitätswende. Seit 2008 nutzen wir zertifizierten regenerativen Strom. Im Streckennetz nehmen Schwungradspeicher den beim Bremsen erzeugten Strom auf und geben ihn bei Bedarf wieder ans Netzumfeld ab. Auf unserem Betriebshof erzeugen PV-Anlagen Strom, mit dem künftig auch die E-Bus-Flotte betankt wird. Denn klimafreundliche Stromer ersetzen in den nächsten Jahren Schritt für Schritt die derzeitige Dieselflotte.

PV-Anlagen auf den Dächern der Gebäude auf dem Betriebshof der VAG

Frelo und Co.

Mobilität ist ein Grundbedürfnis der Menschen. Und diese Mobilität will – möglichst stadt- und umweltverträglich – organisiert und vernetzt sein. Und genau das ist es, was wir heute leisten.

Immer wieder in ihrer Geschichte hat sich die VAG und ihre Vorgängerorganisationen der Zeit angepasst und modernisiert. Dieser nie endende Prozess hat in den vergangenen Jahren nochmals an Fahrt gewonnen. Die VAG ist viele Schritte hin zu einer multimodalen und digitalen Mobilitätsdienstleisterin gegangen, bei der das Rückgrat der Angebote natürlich immer noch die Stadtbahn ist. Wie nie zuvor in ihrer Geschichte wird die Palette ihrer angebotenen Leistungen erweitert. Bestehende Mobilitätsangebote werden vernetzt und auch digital abrufbar und buchbar macht.

Gebündelt wird vieles davon in der VAGmobil-App mit deren Hilfe man nicht nur in Echtzeit Fahrplandaten abrufen und dabei auch gleich erkennen kann, ob als nächstes ein Niederflurfahrzeug kommt. Man kann seinen Fahrschein direkt online kaufen und nach dem Ausstieg mittels derselben App zum Beispiel ein Frelo-Leihrad oder ein CarSharing-Auto mieten.

Ebenso wie bei unseren Stadtbahnen herrscht auch bei uns niemals Stillstand. Mal laufen Entwicklungen etwas gemächlicher, und dann beschleunigen sie wieder – hinein in neue Zeiten und Dimensionen. Seit 120 Jahren.

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