100 Jahre Busverkehr in Freiburg: Eine Technikgeschichte

Uhr 03. Juni 2025 - 16:00 Uhr

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Freddy Greve

VAG Freiburg

Seit 100 Jahren fahren motorisierte Busse durch Freiburg. Technik, Treibstoffe und Anforderungen haben sich seitdem immer wieder verändert. Ein Blick auf die Meilensteine der Freiburger Busgeschichte.

Am 27. September 1925 fuhr zum ersten Mal ein motorisierter Bus vom Freiburger Bertoldsbrunnen nach Betzenhausen. Es war die erste Omnibuslinie der Stadt. Bis heute sind die 18 (mit Nachtbussen 20) Buslinien der Freiburger Verkehrs-AG (VAG) wichtiger Bestandteil eines dicht gewobenen Nahverkehrsnetzes und haben überwiegend die Aufgabe, all jene Stadtteile zuverlässig mit einem Mobilitätsangebot zu versorgen, die noch nicht im Einzugsbereich einer Stadtbahnlinie liegen.

Dabei hat sich in den vergangenen 100 Jahren nicht nur die Optik der Busse und die Linienführung geändert, sondern auch die Antriebstechniken. Immer im Spiegel des jeweiligen Stands der Technik und des vorherrschenden Zeitgeistes: Von Pferden über Benzin, Diesel, Erdgas bis zu E-Antrieben.

Doch wie fing das alles an, mit dem „Omnibus“?

Ein Omnibus „für alle“

Die Geschichte beginnt in Nantes, Frankreich: Wir schreiben das Jahr 1825. Bei einem Stadtbummel kommt der Fuhrwagenbesitzer Stanislas Baudry am Ladengeschäft des Kaufmanns Pascal Omnès vorbei. Dort hängt der Webeschriftzug: „Omnès omnibus“ – was heißen soll, dass es in dem Geschäft von Herrn Omnès für jeden etwas gibt. Denn das Wort „Omnibus“ kommt aus dem Lateinischen und bedeutet nichts anderes als „für alle“ oder „für jeden“.

Fuhrwagenbesitzer Baudry übernimmt den Begriff „Omnibus“ für seine großen mehrsitzigen Pferdewagen, mit denen er auf festgelegten Linien durch die Stadt Nantes fährt und in die eben auch jede und jeder einsteigen darf. Der neue Name „Omnibus“ für den öffentlichen Nahverkehr mit großen Wagen bürgert sich schnell ein, und schon 1835 taucht der Begriff erstmals im Nachschlagewerk „Brockhaus“ auf. Für die jüngeren Leserinnen und Leser: Der „Brockhaus“ war ein mehrbändiges auf Papier gedrucktes Nachschlagewerk, ähnlich dem heutigen „Wikipedia“.

Und was hat das mit Freiburg zu tun?

Auch in Freiburg begannen Ende des 19. Jahrhunderts die modernen Zeiten. Die Stadt wuchs. Hatte sie im Jahr 1800 rund 9.000 Einwohnerinnen und Einwohner, so waren es 1900 bereits 62.000. In einer wachsenden Stadt wachsen auch die Entfernungen, die man zur Arbeit, zum Einkaufen oder für die Freizeitgestaltung zurücklegen muss. Die Wege zu Fuß wurden immer weiter und zeitraubender.

„Mit der wachsenden Einwohnerzahl wurde Ende des 19. Jahrhunderts in der Stadtbevölkerung der Ruf nach einem innerstädtischen Verkehrsmittel laut,“ sagt jemand, der es wissen muss. Dietmar Gemander war nicht nur lange Jahre in der Fahrdienstleitung bei der Freiburger Verkehrs AG tätig, sondern ist auch Vorsitzender des Vereins „Freunde der Freiburger Straßenbahn“ und damit ein intimer Kenner der Historie und der Gegenwart des öffentlichen Nahverkehrs in der Breisgaustadt. „Die Einführung der ‚Pferdetram‘ im Jahr 1901 bedeutete nichts weniger als eine Revolution im Personentransport: Statt nur für Privilegierte, die sich eine eigene Kutsche leisten konnten, waren diese Fahrzeuge für die breite Masse gedacht, also für alle, die von A nach B wollten.“

Die Ära der Pferdeomnibusse

Die Geschichte der Pferdeomnibusse in Freiburg begann genau genommen schon im Jahr 1884. Der findige Wirt des Gasthauses Kybfelsen, Georg Anselm Trescher, ließ mindestens zwei Mal am Tag einen großen, einem Heuwagen mit Sitzbänken ähnlichen „Stellwagen“ zwischen seinem Gasthaus und dem heutigen Holzmarkt fahren, um der „trunk- und sangesfreudigen“ Kundschaft nach einem elfstündigen Arbeitstag den Weg zu seinem Gasthof zu erleichtern.

Dieses Angebot weckte in der Bevölkerung Begehrlichkeiten nach mehr solcher Fortbewegungsmöglichkeiten. Schließlich beauftragte die Stadt den Fuhrhalter Josef Amann mit dem Betrieb einer ersten Pferdeomnibuslinie. Die von zwei Rössern gezogenen Wagen verkehrten zwischen dem Siegesdenkmal und der Lorettostraße. Im Oktober folgte bereits eine zweite Linie vom Hauptbahnhof zur Nägeleseestraße. Und im Laufe der Zeit wurden die Strecken noch erweitert. 1896 übernahm der Reitbahnbesitzer Adolf Jenne den Betrieb. Mit Eröffnung der ersten elektrischen Straßenbahnlinien endete am 14. Oktober 1901 das Zeitalter der (Pferde-) Omnibusse – zunächst.

Neuanfang in Betzenhausen

Mit einer Sonderfahrt für Mitglieder des Stadtrates und des „Ausschusses für das Elektrizitätswerk und die Straßenbahn“ gab es am Vorabend des 27. September 1925 eine Eröffnungsfahrt der neuen Kraftbuslinie nach Betzenhausen, die mit einem Umtrunk im Gasthaus „Krone“ endete. Bei der Einweihungsfeier sangen Kinder des Stadtteils und erhielten als Dankeschön jeweils eine Brezel, die, wie ein Chronist notiert, aus der „Straßenbahnkasse“ bezahlt wurden. Für den Linienbetrieb waren zunächst zwei Busse des Herstellers MAN beschafft worden. Die Busse verfügten über einen Benzinmotor mit einer Motorleistung von 60 PS und boten jeweils 17 Sitz- und Stehplätze an. Relativ bald nach der ersten Buslinie folgten weitere, etwa nach Haslach und St. Georgen.

Diesel, Erdgas, Strom: Die Busantriebe haben sich verändert

Tatsächlich spiegelt sich der Zeitgeist immer wieder auch in den für den Omnibusverkehr verwendeten Treibstoffen wider. So wurden schon in den 30er-Jahren des 20. Jahrhunderts keine Benziner mehr gekauft, sondern Dieselbusse. Einige im Fuhrpark befindliche Benzin-Busse wurden sogar auf Diesel umgerüstet.

In der Nazizeit wurde Diesel für die Kriegsmaschinerie gebraucht. So wurden die Busbetriebe von Regierungsseite aufgefordert, „möglichst große Teile der Omnibusse … auf Leucht- oder Generatorgas umzustellen.“  Das sogenannte Leuchtgas wurde durch Erhitzen von Steinkohle unter Luftabschluss gewonnen. Das erste derartige Gaswerk in Freiburg stand übrigens im Bereich der heutigen Johanneskirche und erzeugte dieses Gas zunächst für die Straßenbeleuchtung und die Versorgung innenstadtnaher Gebäude. 

Nach Kriegsende setzte sich dann der Dieselkraftstoff wieder weitgehend durch. Allerdings gab es im ausgehenden 20. Jahrhundert für die jeweilige Zeit innovative Ansätze, um den Diesel als Kraftstoff ganz oder teilweise zu ersetzen, mit dem Ziel, die Emissionen klimaschädlicher Substanzen und von Feinstaub zu verringern.

Am Europaplatz werden E-Busse geladen. Foto: Patrick Seeger / VAG Freiburg / Stadt Freiburg

So wurden im Dezember 1989 in Zusammenarbeit mit dem Fraunhofer Institut für Solare Energiesysteme und dem Bushersteller Kässbohrer auf einem Freiburger Linienbus vom Typ „Setra S 215 SL“ 12 Quadratmeter Solarmodule montiert, die mit bis zu 30 Prozent zur Ladung der Fahrzeugbatterie beitrugen. Das Projekt wurde nach der Testphase aber nicht weiterverfolgt.

Mitte der neunziger Jahre testete die VAG den Einsatz von Erdgasbussen. Dabei wurden vor allem zwei Dinge getestet: Wie sich die neuartige Technik in die betrieblichen Abläufe einfügt und ob der Erdgasantrieb umweltseitig dem Diesel überlegen ist. Da sich die Abgaswerte der beiden verschiedenen Antriebssysteme im Wesentlichen nur marginal unterschieden, entschied man sich bei der VAG dagegen, die Flotte auf Erdgasbusse umzustellen – auch wenn dies damals absolut im Trend der Zeit lag. Heutzutage spielen Erdgasbusse in Deutschland kaum noch eine Rolle, E-Busse liegen stattdessen im Trend.

Busse waren und sind in Freiburg als wichtiges Element des öffentlichen Nahverkehrs unverzichtbar.  2025, 100 Jahre nach dem Start der ersten motorgetriebenen Buslinie nach Betzenhausen, vollzieht sich – wieder einmal – ein Wandel in der Antriebstechnologie. Bis zum Jahr 2030 sollen alle bei der VAG noch vorhandenen Dieselbusse durch vollelektrische ersetzt sein. Dieser Wandel liegt angesichts der Abkehr von fossilen Treibstoffen voll im Trend der Zeit.

Text: Andreas Hildebrandt


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