14. Jan. 2025 - 17:05 Uhr
Jeder Nagel eine Mark – und ein Zeichen der Unterstützung. Während der Ersten Weltkrieg tobte, unterstützten Bürgerinnen und Bürger in Freiburg die Verletzten und Hinterbliebenen. Der Nagelbaum, ein Holzkreuz am Schwabentor, war ein Zeichen der Solidarität. Auch Straßenbahnfahrer der Stadt schlugen Nägel zur Ehre der Truppe und Fürsorge für Angehörige.
Während kurz vor Ende des Jahres 1915 auf vielen europäischen Schlachtfeldern gekämpft wurde, begann man sich in Freiburg Gedanken darüber zu machen, wie man Gelder für die Versorgung der Verwundeten, der Hinterbliebenen und der Flüchtlinge auftreiben könne. So entstand die Idee für einen „Nagelbaum“ am Schwabentor.
Dem damaligen Oberbürgermeister Emil Thoma (1913 bis 1922 im Amt) war von privater Seite der Wunsch nach bürgerschaftlicher sozialer Hilfe zugetragen worden. Er nahm deshalb mit dem Freiburger Ortsausschuss des Roten Kreuzes Kontakt auf und bat um Vorschläge, wie dies erfolgen könne. Man hatte die Idee irgendwo in Freiburg auf einem öffentlichen Platz ein Holzkreuz aufzustellen und dieses mit Nägeln, die den Einwohnern zum Kauf angeboten werden sollten, zu beschlagen.
So sollte hieraus ein „Eisernes Kreuz“ werden. Der Gemeinderat entschied sich letztendlich für die Aufstellung eines gefällten Lindenbaumes, an dessen Stamm noch die großen Äste verblieben. In dieses vier Meter hohe hölzerne Denkmal sollte man für eine Mark einen eisernen, für drei einen silbernen und für zehn einen goldenen Nagel einschlagen können. Als Standort wählte man den Platz zwischen den beiden Tordurchfahrten am Schwabentor in Richtung Dreisam. Der Baum stand unter einer Schutzhütte. An dem daneben aufgebauten Kiosk konnte man die Nägel erwerben. Zusätzlich bekam man noch eine Urkunde mit dem Spruch „Notstand zu wehren, Deutschland zu ehren, schlug ich den Nagel ein. Gott möge mit uns sein!“ ausgehändigt.
Der erste goldene Nagel wurde am Sonntag, 14. November 1915, um 11.30 Uhr durch General von Wolff eingeschlagen. Man hoffte durch den Nagelverkauf rund 20 000 Mark zusammen zu bringen. Nach drei Wochen waren bereits 5000 Nägel verkauft. Der Freiburger Landtagsabgeordnete Göring stiftete 500 Mark: Damit sollten unbemittelte Schüler und Schülerinnen „aus vaterländischer Begeisterung zu Ehren unserer tapferen Truppen, zum Andenken unserer gefallenen Helden und zur Fürsorge derer hinterlassenen Angehörigen einen Nagel einschlagen können!“
Auch Mitarbeiter der Freiburger Straßenbahn haben gespendet (siehe Foto). Wie viel Geld tatsächlich insgesamt zusammen kam, ist im Stadtarchiv nicht ersichtlich. Fest steht aber, dass das Geld vollkommen an das örtliche Rote Kreuz ging und nicht, wie es die Landesregierung gerne gehabt hätte, zu einem Teil an die im ganzen Kaiserreich proklamierte „Nationalgabe“ weitergegeben wurde. Das voll benagelte Baumrelikt blieb auch nach dem Ende des Ersten Weltkriegs vor dem Schwabentor aufgestellt. Erst 1931 veranlasste die Stadtverwaltung unter Oberbürgermeister Karl Bender (Amtszeit 1922 bis 1933) wegen starker Verwitterung die Unterbringung im Naturkundemuseum. Zwei Jahre später, nachdem die Nationalsozialisten die Macht übernommen hatten, befahl der neue Oberbürgermeister Franz Kerber (1933 bis 1945) die Wiederaufstellung vor dem Schwabentor.
Der Nagelbaum sollte Erinnerung und ein Zeichen sein, dass „in der heldischen Epoche des Ringens gegen eine Welt von Feinden die Opferkraft der Heimat die Nägel in seine Rinde trieb!“ Da aber der Baum diesmal kein Schutzdach erhielt, verfiel er zusehends, so dass er 1936 nach einer Konservierung im Kreuzgang des Augustinermuseums aufgestellt wurde. 1938 war das Denkmal zu einer „Brutstätte von Ungeziefer“ geworden und man beschloss seine Verbrennung.
Zuvor mussten aber alle Nägel entfernt werden, wollte man sie doch in einen neuen Baum einschlagen. Dieses Vorhaben unterblieb, weil inzwischen der Zweite Weltkrieg ausgebrochen war. Ob die Eisernen noch irgendwo vor sich hin rosten und was mit den silbernen und goldenen Nägeln geschehen ist, kann man heute nicht mehr feststellen.
Text/Fotomaterial: (Sammlung) Hans-Jürgen Oehler
Lauck
15.01.2025 um 20:45 Uhr
Von dieser Nagelbaum-Geschichte hab ich in meiner Schulzeit und danach noch nie gehört. Man lernt selbst bei der VAG noch dazu.
VAG Freiburg
31.01.2025 um 17:32 Uhr
Es gibt eben auch Hobby-Historiker bei der VAG und nicht nur Werkstatt-Mitarbeitende oder Fahrpersonal ;-)
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