Netzgeschichten

Ein Leben ohne Auto, aber mit viel Mobilität

Sie sind zu fünft, sie lieben Ausflüge und der Sommerurlaub führt sie gern mal an die Atlantikküste: Familie Zwerger aus dem Stadtteil Waldsee ist sehr mobil. Und zwar ohne eigenes Auto! Das Leben mit Bahn, Bus, Fahrrad & Co. klappt bei den fünfen so gut, dass sie sogar ihre Nachbarn dazu inspiriert haben, das Auto probehalber für einen Monat stillzulegen.

Ja, Kerstin Ahlborn und ihr Mann Andreas Zwerger haben beide einen Führerschein. Aber nein, einen eigenen Wagen hatten sie nie – die beiden sind überzeugte Fans der autofreien Fortbewegung. Und zwar seit jeher: „Schon am Anfang war es so, dass wir dachten, wir wollen gar kein Auto“, erinnert sich Kerstin Ahlborn. Und diese Denkweise änderte sich auch dann nicht, als aus dem jungen Paar eine mittelgroße Familie wurde. Im Gegenteil: „Zu zweit haben wir unsere Erfahrungen gesammelt und dann haben wir das mit einem, mit zwei und schließlich drei Kindern weitergemacht. Es ist einfach eine Kopf- und eine Gewohnheitssache!“

Das Fahrrad an erster Stelle

Beine, Fahrräder und Fahrradanhänger sind die Fortbewegungsmittel der Wahl, mit denen die Zwergers ihren Alltag bestreiten – daran sind auch Lina (8), Max (5) und Toni (1) gewöhnt. „Die Kinder machen ihre Wege zu Fuß oder wir bringen sie mit dem Fahrrad hin. Und auch zum Einkaufen fahren wir mit dem Anhänger.“ Lebensmittel des täglichen Bedarfs gibt’s im Supermarkt um die Ecke oder im nahegelegenen ZO, das Gemüse kommt von einer Kooperative auf dem Land. Dort sind die Zwergers Mitglied: „Auch von dort holen wir unser Gemüse mit dem Rad ab.“

Überhaupt spielt das Rad im Mobilitätsmix der Freiburger Familie eine zentrale Rolle, zur Arbeit radeln Vater Andreas (er arbeitet im Stühlinger) und Mutter Kerstin (ihr Weg führt in die Westarkaden) eigentlich fast immer, erzählt sie: „Bei schlechtem Wetter fahren wir Straßenbahn. Und manchmal jogge ich auch zur Arbeit und fahre mit dem Frelo zurück.“

Dabei setzt die Familie nicht nur im Alltag auf autofreie Mobilität, sondern auch im Urlaub: „Bei der Vorstellung, mit fünf Personen mit dem Auto bis an die Atlantiküste zu fahren, bekommen wir Schweißausbrüche!“ Stattdessen nimmt Familie Zwerger lieber den Zug. „Wir sind sogar schneller, als wenn wir mit dem Auto fahren würden“, versichert Kerstin Ahlborn. Die Reise ans Meer wird einfach auf zwei Tage aufgeteilt: Tag 1 führt vom Waldsee über den Freiburger Hauptbahnhof via Straßburg direkt zum Sightseeing nach Bordeaux, Tag 2 beginnt urban in der Stadt und endet einige Stunden später mit Planschtieren und Badesachen in der wenige Kilometer entfernten Sommerfrische.

Bei vielen sorgt das, was für die Zwergers gelebte Normalität ist, allerdings für Stirnrunzeln, sagt Kerstin Ahlborn: „Wir hören oft, was das für ein Stress sei, mit dem Zug in den Urlaub zu fahren. Aber für uns hat es mit drei Kindern keinen Mehrwert, mit dem Auto zu fahren – wir sind im Zug viel entspannter.“ Autofahren ist für sie eine echte Belastung, haben die Eltern herausgefunden: „Es ist unfassbar unpraktisch! Erst müssen wir die Kinder und die Sitze eingeladen werden, dann können sich die Kinder nicht beschäftigen und schließlich werden sie quengelig.“

Eine Inspiration für andere

Mit ihrer konsequenten Haltung haben die Zwergers übrigens auch ihre Nachbarn beeindruckt. Und zwar so sehr, dass Familie Schweigler unbedingt auch einmal ausprobieren wollte, wie es sich ohne Auto lebt – frei nach dem Motto „Wenn Familie Zwerger das mit drei Kindern schafft, müssen wir das doch wohl auch irgendwie hinbekommen“. Gerade recht kam da die Aktion „Unser Klimaquartier Waldsee“: Wer mitmachen möchte, lässt für vier Wochen das Auto stehen und bekommt im Gegenzug ein Mobilitätspaket mit kostenloser RegioKarte und Frelo-Gutscheinen, Car-Sharing-Angeboten und jeder Menge Beratung. Die Schweiglers machten mit – und ja, sie bekamen es hin. „Komplett abgeschafft haben sie das Auto danach allerdings nicht“, erzählt Kerstin Ahlborn.

Vielleicht kommt das ja noch. Aber zumindest war das vierwöchige Experiment ein Hineinschnuppern in die Lebensweise, die für die Zwergers seit Jahrzehnten selbstverständlich ist. Zumal es in Freiburg – davon ist Kerstin Ahlborn überzeugt – kaum Ziele gibt, die man nicht mit Fahrrad, Bus oder Bahn erreicht: „Es ist einfach alles eine Gewohnheitssache.“


Dies ist ein Artikel aus dem Kundenmagazin Facetten, Ausgabe 2023/1. Foto: Anja Limbrunner

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Ein Kommentar

  1. Wie grossartig ist das denn! Ganz grosses Lob! Der alte VW Vorführwagen hält noch durch, aber langfristig soll auch ganz aufs Auto verzichtet werden.

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